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Henke Digital 5.0 - "Ich-bin-Fan-Definition" oder wieso mag man etwas besonders gerne...

12.10.2009 02:03 von Oswald Henke

Im Leben wird man immer wieder mit neuen Fragestellungen konfrontiert. Entweder als Beobachter von Außen, als Betrachter von variablen Positionen oder im Fadenkreuz als Betroffener.


Interessant ist für mich zu beobachten, wie inflationär inzwischen der Satzanfang "Ich bin ein Fan von... " verwendet wird. Eigentlich mag ich das Wort "Fan" nicht, da es eine Ableitung von "fanatisch" darstellt und somit für mich eher negativ belastet ist. Fanatiker sind in der Regel blind für das, was ist und idealisieren alles, ohne oftmals zu hinterfragen oder zu reflektieren.
Ich finde es schön, wenn Menschen in jemandem oder in etwas, was ein anderer Mensch macht, etwas so intensives empfinden, dass sie es als persönliche Bereicherung für ihr eigenes Leben ansehen. Aber mich irritiert dann doch, dass Mensche auf Grund eines einzigen Liedes sich als Fan outen, ohne zu wissen, wen sie da mehr oder weniger "vergöttert", oder anders gesagt teilweise nicht einmal wissen, um wen es sich da eigentlich wirklich handelt.
Im Zeitalter der Gesichtslosigkeit von Musikern und entpersonifizierter Musik hat somit der Begriff Fan eine andere Bedeutung gewonnen.
Für manche sind inzwischen Forendiskussionen die aktivste Form der Auseinandersetzung mit einem kreativen Geist. Manch einer wartet darauf, dass das Objekt seiner Begierde  irgendwann in der Nachbarschaft auftritt oder auf einen Kaffee vorbeischaut. Eine eigenwillige Erwartungshaltung...
Manche würden vermutlich den Sänger oder Musiker nicht einmal erkennen, wenn sie ihm im realen Leben wirklich begegnen würden. Die Auseinandersetzung mit dem ganzen Künstler, der hinter der Musik steht, findet in 95% nicht mehr statt.
Liedspezifisches "gutfinden" wird mit "Fan-sein" verwechselt. Aussagen werden nicht wahrgenommen, sondern es wird häufig nur das konsumiert was einen oberflächlich und leichtverdaulich anspricht. Bewegungsfutter statt Geistkonfekt... Minimalbefriedigung der Grobmotorik im Zappelzentrum, der Verstand wird ruhig gestellt mit Alkohol und sonstigen betäubenden Substanzen. Die Szene lebt? Wirklich?


Vielleicht liegt es daran, dass es keinen Bravo Starschnitt mehr gibt, denn hier musste man sich über Wochen und Monate mit einem Künstler auseinander setzen, auch wenn nicht jeder Musiker etwas wirklich zu sagen hatte, so wurde er doch nicht im zweimonatlichen Rhythmus medial verheizt. Sänger und Musiker hatten noch Gesichter und verkamen nicht nur mehr oder weniger zu anonymen akustischen Bildschirmschonern oder musikalisch kastrierten Handyklingeltonfragmenten.


Wenn ich Musik höre, dann interessieren mich nicht immer die Personen, aber was mich wirklich anspricht, das möchte ich z.B. besitzen, in Form einer CD oder DVD, ich möchte sehen, wie die Musiker auf einer Bühne agieren und ob es ihnen wirklich gelingt, mich auch als lebendiger Menschen vor der Bühne, sprich als zuschauender Gast, in den Bann zu ziehen. Das funktioniert bei mir nur dann, wenn mich die mehr oder weniger live gespielte Musik auf die eine oder andere Art emotional oder intellektuell berührt bzw. beschäftigt.


Ich bin wohl ein Fan des Menschen, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass es immer weniger Exemplare ganzer Menschen gibt. Zu oft begegnet man Mündern die Lügen, Körpern, die versprechen und Gesichtern die nur lächeln, ohne wahrhaft zu sein.
Die Welt ist immer mehr ein Illusionskarusell, das sich täglich schneller dreht und irgendwann leer sein wird. Als bekennender Gefühlsauthist nehme ich das inzwischen wohl nur noch tendenziell war, ich wunder mich nur noch manchmal und oft denke ich mir: jedem das seine...

 

Oswald Henke

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