Leseproben

Rote Tränen

Es macht mir eigentlich keine Freude,
in meine eigene Hand zu schneiden,
rote Tränen zu beobachten,
Rote Tränendie einen kleinen Rinnsal bildend, mich verlassen.
Die einzige Möglichkeit, mich an mir zu rächen.
Zu sühnen für das, was ich sprach und tat,
ohne bewusst gehandelt zu haben.

Es kommt mir vor, als hätte ich nie gelacht,
nie geweint, gelacht, geweint.
Die Bilanz zeigt aufwärts,
doch verliert sich die schwarze Linie
am trüben Horizont, der brennt.
Mit steigender Tendenz Richtung Unendlichkeit.
Weit entfernt von so etwas wie Gefühlen.
Ich spüre nicht das Stück Fleisch,
das anstatt meiner rote Tränen weint.
Im Moment noch wenige
und jeder Schritt abseits der Linie wird bestraft
mit flüsternden Worten, die mehr rote Tränen fordern.

Hört nur, wie sie flüstern und wispern,
schimpfen und geifern,
stechen und bohren,
zerren und beißen,
fordern: rote Tränen zu weinen.
Und schließlich darum betteln,
endlich rote Tränen zu weinen,
endlich rote Tränen zu weinen,
… rote Tränen zu weinen,
… Tränen zu weinen,
… zu weinen,
… weinen.

 

Aus »FSK 18 - ›Tendenziell menschenverachtend‹«
erschienen als Neuauflage im Culex – Verlag.